Als ich noch zur Schule ging, wurde ich am Anfang eines jeden Jahres den neuen Mitschülern vorgestellt. Klar, die jeweiligen Lehrer wollten dafür sorgen, dass mit mir wegen meiner Behinderung vernünftig umgegangen wird. Was auch immer vernünftig genau sein soll und wie das ein 11-Jähriger so versteht. „Also kein Geschubse auf dem Schulhof und wenn z. B. was vom Tisch runterfällt, dann helft dem Constantin bitte, das aufzuheben.“, so oder so ähnliches muss das wohl geklungen haben. Erstaunlicherweise hat das immer gut geklappt. Die Klassen, in denen ich war, zeichneten sich meist durch ein tolles Gemeinschaftsgefühl aus und verdienten immer das Prädikat „besonders sozial“. Allerdings hatte das nicht zwingend etwas mit mir zu tun bzw. hatte ich nie das Gefühl, als beschränkte sich dies auf den Umgang mit meiner Wenigkeit.

Ganz im Gegenteil: Gerade mein eigenes Wirken war bestimmt nicht immer das Sozialste. Eine große Klappe hab‘ ich schon immer besessen. Umso erstaunlicher, dass ich während meiner gesamten Schulzeit und auch danach nie eins auf die Fresse bekommen habe. Schade eigentlich, denn ich bin durchaus der Überzeugung, dass auch solche Erfahrungen, so schmerzlich sie auch sein mögen, wichtig für die persönliche Entwicklung sind- die Erkenntnis, dass da einfach jemand körperlich überlegen ist und sich nicht alles gefallen lässt.

Auch Ratdschläge sind Schläge – Willy Brandt

Es stellt sich schon für mich die Frage, was eigentlich Sprüche wie: „Behinderte schlägt man nicht“ im Subtext noch aussagen. Natürlich ist es rational völlig richtig, behinderte Menschen keine körperlichen Schmerzen oder Schäden zuzufügen. Aber abgesehen davon dass diese vielleicht stärkere Folgen haben können, gilt das doch auch für alle anderen Menschen. Warum also betonen wir das gesellschaftlich explizit? Ist es wirklich nur das Fehlen der Gegenwehr? Jede muss aber damit rechnen beim verbalen Austeilen im Zuge einer Überreaktion auch non-verbal einzustecken.

Wenn wir über gleiche Chancen für Menschen mit oder ohne Behinderung sprechen müssen wir selbstverständlich auch darüber sprechen, ob nicht die Risiken ähnliche sein sollten. Ich kann die Art von Behinderten nicht verstehen, die hinter jedem Porschefahrer auf einem Behindertenparkplatz gleich einen Diskriminierungsversuch sehen. Ist nicht gar das Gegenteil der Fall? Verhalten sich solche Leute nicht inklusiver als viele Andere? Arschlöcher sind halt Arschlöcher und es wäre verwirrend, wenn sie es nicht gegenüber allen wären. Den Porschefahrer interessiert es sicher auch nicht ob es ein Mutter-Kind-Parkplatz ist und fährt wahrscheinlich auch in einer 30er-Zone vorm Kindergarten mit 60km/h lang. Er ist also in seiner Art, in positiver Weise, gleichgültig. Er verhält sich zu allen in etwa gleich. Natürlich ist das nervig. So nervig wie Idioten eben sind. Aber habe ich etwa als Mensch mit einer Behinderung ein höheres Recht mich über die Idiotie der Massen aufzuregen? Ich denke nicht.

Wenn wir also fordern, im gesellschaftlichen Miteinander genauso wahrgenommen zu werden, wie alle anderen auch, dann heißt das ebenso, sich nicht aus negativen Bereichen mit der Begründung „Äh nein, bin behindert“ zu verabschieden. Natürlich ist niemand gezwungen Falschparker zu akzeptieren. Aber ich habe kein Recht dazu diesen Umstand als einen Angriff auf mich als Menschen mit Behinderung zu sehen.

 

 

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