Schon seit Jahrzehnten wird von Betroffenen und Verbänden ein Verbesserung in verschiedensten Bereichen gefordert. Seit einiger Zeit werden diese Forderungen im Bestreben zum sogenannten „Bundesteilhabegesetz“ kanalisiert. Problematisch ist nur: Die Lobby für Menschen mit Behinderungen ist im Vergleich zu anderen politischen Feldern und Problematiken relativ schwach. Deshalb waren viele, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, froh, als es im Koalitionsvertrag der dritten großen Koalition hieß:

Mit einem Bundesteilhabegesetz wollen wir die Kommunen bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderung stärker als bisher finanziell unterstützen.

[…] Darüber hinaus sollen die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes im Umfang von fünf Milliarden jährlich von der Eingliederungshilfe entlastet werden. Bereits vor der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes beginnen wir mit einer jährlichen Entlastung der Kommunen in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr.

Froh war man deshalb, weil dies massiven Druck zur Umsetzung eines Teilhabegesetzes für alle Beteiligten bedeutete:

– Der Bund hatte 5 Mrd. Euro im Zuge einer politischen Absprache / Deals mit den Ländern versprochen. Er war bzw. ist also in der Pflicht nicht nur den Deal platzen zu lassen, sondern auch den Wahlversprechen der Parteien der Bundesregierung nachzukommen und zugleich Menschen mit Behinderungen die lang ersehnten Verbesserungen zu liefern.
– Die Länder und Kommunen wiederum, die bisher die Hauptlast der Eingliederungshilfe zahlen, mussten sich nun an einer zügigen Umsetzung des Teilhabegesetzes bemühen um in den Genuss der Entlastungen zu kommen.

Mit anderen Worten: Alle hatten ein Interesse daran, dass das Teilhabegesetz zügig verabschiedet wird.

Die „5 Milliarden Euro“-Wendung

Nun beschloss die Bundesregierung letzte Woche finanzielle Entlastungen für Kommunen in Höhe von 5 Mrd. € unabhängig vom Bundesteilhabegesetz. Aus Sicht der Kommunen und den übrigen Politikfeldern ist das gut und sinnvoll. Viele Kommunen haben absolut keinen finanziellen Spielraum mehr und benötigen schnellstmöglich Hilfen.

Viele Menschen mit Behinderungen schrieben nun, dass Geld, welches für das Bundesteilhabegesetz vorgesehen war, in andere Bereiche gepumpt würde und das Teilhabegesetz damit tot wäre.
Dem ist nicht so, das ist ein Mythos. Das Teilhabegesetz ist weder tot, noch wurden Gelder, die für Menschen mit Behinderungen vorgesehen waren, woanders verplant.

Die fünf Milliarden Euro waren nie für Verbesserungen bei den Hilfen für Menschen mit Behinderungen vorgesehen, wie die Geschichte oben zeigt. Sie waren nur Teil eines politischen Deals, der als Nebeneffekt das Bundesteilhabegesetz pushte. Um die eigentliche Finanzierung der Verbesserungen im Zuge des Teilhabegesetzes muss aber so oder so noch gestritten werden, unabhängig davon, wann genau die fünf Milliarden Euro an die Kommunen gezahlt würde.

Das Einzige, was es wirklich zu bedauern gibt, ist, dass nun der Druck auf eine Zügige Umsetzung schwindet. Es gibt aber auch andere Stimmen, die ein positiv über die Entscheidung denken. Bisher ging es, zumindest in den politischen Gremien, vor allem um finanzielle Fragen, weniger um qualitative Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen. Das könnte sich nun ändern und der Fokus weg von den kommunalen Entlastungen hin zu den behinderten Menschen gerichtet werden. So oder so, der Weg ist längst eingeschlagen: Nie zuvor waren wir Betroffenen dichter an einem Bundesteilhabegesetz und auch die internen Planungen des Bundesministeriums sehen ein Beschließen des Gesetzes im Jahr 2016 vor. An diesem Zeitplan hat sich also nichts geändert.

Fazit

Wir müssen weiter dafür kämpfen, dass der Bund weitere finanzielle Mittel für inhaltliche Verbesserungen der Hilfen für Menschen mit Behinderungen zu Verfügung stellt und aufpassen, dass der Zeitplan, nämlich das Beschließen des Gesetzes im Jahr 2016, eingehalten wird. Die Kennzahlen haben sich also durch den Beschluss der Bundesregierung letzte Woche nicht verändert. Nur die Rahmenbedingungen könnten sich ändern. Man mag das positiv oder negativ sehen. Weniger Geld für Menschen mit Behinderungen gibt es durch den Beschluss aber nicht.

Diese Website benutzt Google Analytics. Bitte klicke hier wenn Du nicht möchtest dass Analytics Dein Surfverhalten mitverfolgt. Hier klicken um dich auszutragen.